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82. Sonnenschein und Regen.
(Schmid.)
„Wenn doch nur immer die Sonne schiene!" sagten die
Kinder an einem trüben, stürmischen Regentage. Ihr Wunsch
schien bald in Erfüllung zu gehen. Denn mehrere Monate lang
erblickte man kein Wölklein am Himmel. Die lange Trockenheit
richtete aber großen Schaden auf Äckern und Wiesen an. Im
Garten verwelkten Blumen und Kräuter, und der Flachs, auf den
sich die Mädchen so sehr gefreut hatten, wurde kaum Fingers lang.
„Seht ihr nun," sprach die Mutter, „daß der Regen eben
so notwendig ist, als der Sonnenschein? Lernt aber zugleich ans
dieser weisen Einrichtung Gottes die heilsame Wahrheit, daß es
auch für uns Menschen nicht gut wäre, wenn wir lauter heitere,
frohe Tage hätten. Es müssen auch trübe Tage, Trübsale und
Leiden, von Zeit zu Zeit über euch kommen, damit ihr zu guten
Menschen heranwachset."
Sonnenschein und Sturm und Regen,
Freud' und Leid sind Gottes Segen.
83. Der Strohmann.
(Curtman.)
Ein Bauer hatte einen gar schönen Weizenacker, die Ähren
waren voll Körner, und die Körner waren voll Mehl, und sie
waren beinahe reif. Da kamen die bösen Spatzen und fielen ihm
in seinen Weizen und fraßen die halbreifen Körner, und wenn sie
es so fortgetrieben hätten, so hätte der Mann gar nichts bekom-
men. Da ging er des Morgens in aller Frühe hinaus, um auf
diese Spitzbuben zu schießen; allein, als er hinkam, waren sie schon
da gewesen; denn die Spatzen stehen noch früher auf als die Bauern.
Und sie hatten ihm schon wieder ein Stück Weizen nusgefressen
und saßen nun auf des Nachbars Kirschbanm und naschten Kirschen
und lärmten, als wenn sie sich über ihre Spitzbüberei freuten. Der
Bauer kratzte sich hinter den Ohren und besann sich, was er machen
sollte; denn seinen guten Weizen wollte er ihnen doch nicht lassen.
Auf einmal fiel ihm ein Mittel ein. Als er nach Hanse kam,
nahm er einen Stock, so groß als ein Mensch, wickelte Stroh darum,
Gabriel ». Supprian, Lesebuch. D. 1. 4
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Extrahierte Personennamen: Schmid Gabriel Supprian
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„Ihr seid ja recht aufgeräumt/' spottete der Rabe, der es mit
ansah, „Ihr habt wohl zu viel Weintrauben genossen?"
„Ach," sagte der Huchs, „ich mag die Weintrauben nicht, sie sind
noch nicht reif und schmecken bitter."
„Und dabei hängen sie für Lucb zu hoch," spottete nochmals der
Rabe.
04. Rätsel.
(Hoffinanii von Fallersleben.)
Lin Utännlein steht im Walde
ganz still und stumm,
es hat von lauter Purpur
ein Uläntlein um.
Lagt, wer mag das Wännlein sein,
das da steht im Wald' allein
mit dem purpurroten Ukäntelein?
Das Wännlein steht im Walde
auf einein Bein
und hat auf feinem bfaupte
schwarz Aäpplein klein.
Lagt, wer mag das Ucännlein sein,
das da steht im Wald allein
mit dem kleinen schwarzen Aäppelein?
Das Wännlein dort auf einem Bein,
init feinem roten Ucäntelein
und seinen! schwarzen Aäppelein,
kann nur die Hagebutte sein!
05. Der Kürbis und die Eichel.
(Schmid.)
Lin Bauersmann lag in dem Lchatten einer Liche und betrachtete
eine Aürbisstaude, die an dem nächsten Gartenzaune emporwuchs. Da
schüttelte er den Aopf und sagte: „ijmm! hum! das gefällt mir nicht,
daß die kleine niedrige Ltaude eine so große, prächtige Hrucht trägt,
der große, herrliche Lichbaum aber nur so kleine, armselige Früchte
hervorbringt. Wenn icb die Welt erschaffen hätte, fo hätte mir der
Lichbaum init lauter großen, goldgelben, centnerschweren Aürbissen pran-
gen müssen. Das wäre dann eine j/racht zum Ansehen gewesen."
Aauiii hatte er dieses gesagt, so siel hock) aus dein Gipfel des
Baumes eine Lichel herab und traf ihn so stark auf die Nase, daß sie
blutete. „O weh," rief jetzt der erschrockene Wann, „da habe ich für
meine Naseweisheit einen derben Nasenstüber bekommen. Wenn diese
Lichel ein Aürbis gewesen wäre, so hätte er inir die Nase gar zerquetscht."
Uut Weisheit und init Wohlbedacbt
hat Gott die ganze Welt gemacht.
129
Sie riefen: Ach, Herr Liedermann,
der all' die schönen Lieder kann,
du hast gewiß recht viele Zeit
und bist zum Spiel mit uns bereit.
Potztausend, hab' ich schlecht gehört?
Ihr Kinder scheint mir recht bethört.
Ich hab' gejagt den ganzen Tag
den Mücken, sie zu fangen, nach.
Nun wollen noch die Jungen mein
von mir in Schlaf gesungen sein;
drum pfeif' ich mit dem Brüderchor
den Kleinen meine Lieder vor.
Ich sing' dem Wald zur hohen Lust,
ein müder Mann, aus froher Brust.
Dem Herren giebt mein Mund den Preis
und lobt die Arbeit und den Schweiß.
Doch sprecht: Was habt denn ihr gemacht,
die also schlecht von mir gedacht?
Kehrt um, ihr Müßiggänger ihr,
und stört die Leut' nicht länger hier!
Von allen Tierlein so belehrt
sind drauf die Kinder heimgekehrt.
Sie sahen, daß dem Fleiß allein
des Spieles Lust ein Preis kann sein.
‘¿03. Der Hahn, der Hund und der Fuchs.
(Curtman.)
Ein Hund und ein Hahn schlossen Freundschaft und wanderten zu-
sammen in die Fremde. Eines Abends konnten sie kein Haus erreichen
und mußten im Walde übernachten. Der Hund sah endlich eine hohle
Eiche, worin für ihn eine vortreffliche Schlafkammer war. „Hier wollen
wir bleiben," sagte er zu seinem Reisegefährten. „Ich bin es zufrieden,"
sagte der Hahn, „aber ich schlafe gern in der Höhe." Damit flog er
ans einen Ast, wünschte dem andern gute Nacht und setzte sich zum
Schlafen. Als es Morgen werden wollte, fing der Hahn an zu krähen,
denn er dachte: Es ist bald Zeit zum Weiterreisen. Das Kikeriki hatte
Gabriel u. Supprian, Lesebuch. D. 1. 9
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241. Neujahrswunsch.
(Enslin.)
Ich hätte dir viel zil sagen,
o gute Mutter, heut;
ich wüßte dir viel zu wünschen,
was dich und mich erfreut!
Ja, könnt' ich es dir nur sagen,
wie's um das Herz mir ist!
Du weißt's ja aber viel besser,
wie teuer du mir bist!
Und wenn du mich immer liebest,
und ich lieb' immer dich, —
nichts Schöneres kann ich wünschen,
nichts Besseres für dich — und mich!
242. Neujahrswunsch.
(Bcetschneiders erstes Schuljahr.)
Ich bringe heut zum neuen Jahr
mein zärtlich Herz voll Liebe dar
und bitte: Liebet ferner mich
so wie bisher herzinniglich.
Gar gerne will ich euch erfren'n,
will fleißig, artig, folgsam sein.
Der treue Gott im Himmel dort
bescher' euch Gutes fort und fort.
243. Die vier Elemente.
(Schmid.)
„Ich will ein Gärtner werden,“ sagte Philipp, als er vierzehn
Jahre alt war und ein Handwerk lernen sollte. ,,Es ist schön, immer
unter grünen Kräutern und wohlriechenden Blumen zu leben!“ Allein
nach einiger Zeit kam er wieder nach Hause und klagte, er müsse
sich da immer zur Erde bücken und darauf herum kriechen; Rücken
und Kniee thäten ihm davon wehe und er habe die Gärtnerei auf-
gegeben.
Hierauf wollte Philipp ein Jäger werden. ,,Im grünen, schattigen
Walde,“ sagte er, „da ist’s ein herrliches Leben.“ Allein bald kam er
wieder und beschwerte sich, er könne früh vor Tag die freie Luft
nicht vertragen, die ihm bald feucht und nebelig, bald grimmig kalt
um die Nase wehe.
Es fiel ihm nun ein, ein Fischer zu werdeü. „Auf dem hellen,
klaren Flusse im leichten Schiff lein dahin fahren und, ohne einen
Fuss müde zu machen, Netze voll Fische aus dem Wasser zu ziehen,
das ist lustig!“ sagte er. Allein auch diese Freude war ihm bald
verleidet. ,,Das ist ein nasses Handwerk,“ sagte er, ,,das Wasser
ist mir ganz zuwider.“
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Extrahierte Personennamen: Enslin Gott Schmid Philipp Philipp Philipp Philipp
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Den Junker Reif verdroh das sehr,
er kommt iiìs Thal hinein;
Maiglockchen spielt zum Tanz nicht mehr,
fori sind die Blumelein.
Doch kaum der Reif das Thal verlàstt,
da rufet wiederum
Maiglockchen za dem Fruhlingssest
und lautet bim bam bum.
Nun hàlt's auch nnch nicht mehr zu Hans,
Maiglockchen ruft auch mich:
Die Blumchen gehn zum Tanz hiuaus,
zum Danze gelft auch ich.
218. Das Frühlingsmahl.
(Wilh. Müller.)
Wer hat die weißen Tücher
gebreitet über das Land,
die weißen duftenden Tücher
mit ihrem grünen Rand?
Und hat darüber gezogen
das hohe'blaue Zelt,
darunter den bunten Teppich
gelagert über das Feld?
Er ist es selbst gewesen,
der gute reiche Wirt
des Himmels und der Erden,
der nimmer armer wird.
Er hat gedeckt die Tische
in seinem weiten Saal
und ruft, was lebet und webet,
zum großen Frühlingsmahl.
Wie strömt's ans allen Blüten
herab von Strauch und Baum!
Und jede Blüt' ein Becher
voll süßer Düste Schaum!
Hört ihr des Wirtes Stimme?
„Heran, was kriecht und fliegt,
was geht lutb steht aus Erden,
was unter den Wogen sich wiegt!
Und du, mein Himmelspilger,
hier trinke trunken dich
und sinke selig nieder
aufs Knie und denk an mich!"
219. Der Wolkenhimmel.
(O. Schulz.)
Die Erde ist ringsum mit Luft umgeben, in der Luft aber schweben
die Wolken.
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